Die magische Porte

            Viele Wissenschaftler haben den Eindruck, dass wahre Inspiration aus einer Art platonischer Sphäre archetypischer, mathematischer oder ästhetischer Formen kommt, die irgendwie in unsere Welt hereinbrechen.

  Für den Naturwissenschaftler ist die Mathematik jene Disziplin, die am engsten mit der Natur verbunden ist. Das mag Außenstehenden seltsam vorkommen, da ihnen die Mathematik als eine bizarre Welt der Zahlen und fremdartigen Symbolen erscheint. Und doch reicht die Vorstellung der Mathematik als  „natürlichste“  Disziplin zurück bis zu den alten Ägyptern, die ihr Verständnis der richtigen Zahlenverhältnisse z.B. beim Bau der Pyramiden einsetzten. Die Ägypter mögen die alten Griechen beeinflusst haben. Plato bezieht sich in seinem Buch   Die Gesetze   auf den heiligen Kanon der Griechen, der geholfen haben soll, ihre Zivilisation über Jahrhunderte zu erhalten. Mit Sicherheit wissen wir, dass die griechischen Philosophen Zahlen und Geometrie als die ordnenden Prinzipien des Universums betrachteten. Die berühmten Worte des Pythagoras hallen noch heute nach: „ Die Zahl ist das Maß aller Dinge.“ Und später sollte Galileo verkünden: „Das Buch der Natur ist in der Sprache der Mathematik geschrieben.“

  Im Vorderen Orient des Altertums wurden die Zahlen mit Planeten in Beziehung gesetzt oder sogar vergöttlicht. Gott stellte man sich als die Zahl Eins vor, als den ersten Beweger, etwa wie im modernen kabbalistischen Konzept, wo die Zahlen den Attributen der Gotteskräfte auf dem Lebensbaum zugeordnet werden. In den frühen Texten des Alten Testaments zeigen die Hebräer eine besondere Faszination für bestimmte Zahlen. Und die Gnosis wie auch die mittelalterliche Kabbala entwickelten derartige mystische Beziehungen zu Zahlen. Die Bibel ist mittels numerologischer Bedeutungen verschlüsselt, und selbst Augustinus studierte einen großen Teil seines Lebens biblische Numerologie.

  Die Pythagoräer gaben bestimmten Zahlen mystische Bedeutungen und hatten besondere Ehrfurcht vor Zahlen wie etwa der Sechs, welche die Summe ihrer Teiler ist (6=1 + 2~3 = Ix 2 x 3). Und die Summe der ersten vier ganzen Zahlen, die Zahl Zehn, bezeichneten sie als die Göttliche Tetraktys. Die Pythagoräer ent­deckten auch eine Beziehung zwischen Zahlen und harmonikalen Klängen, die in besonderen Zahlenbeziehungen zueinander stehen. Einige dieser Prinzipien wur­den wiederentdeckt, verbessert oder verfeinert und werden heute von zahlreichen Heilerinnen und Hellem eingesetzt, die an einer mächtigen Technik der Zukunft arbeiten zugunsten der geistigen und körperlichen Gesundheit des Menschen. Der verstorbene Schweizer Wissenschaftler Dr. Hans Jenny und seine Mitarbeiter haben Tonfrequenzen zur physischen Regeneration verschiedener Organe ver­wendet. Um die Jahrhundertwende sagte der große christliche Kabbalist Dr. Paul Foster Case, dass die Menschheit der Zukunft die alten Prinzipien der Pythagoräer zum Heilen mit Klang und Farbe wiederentdecken wurde; und er riet zu Medi­tationen über die planetaren Chakren im Körper (die jeweils eine andere Farbe haben), um den Ätherkörper gesund zu erhalten.

  Die wundertätigen Pythagoräer wendeten ihr Zahlenverständnis auch auf die Astronomie an und entwarfen ein System von neun konzentrischen Kreisen oder Sphären, um die Himmelskörper darzustellen. Bald entwickelte sich ein Verständ­nis dafür, dass die Beziehungen zwischen diesen Planeten am Himmel direkte Entsprechungen in der menschlichen Dimension haben. Dabei handelte es sich nicht um eine schlichte Astrologie Gläubigkeit, sondern vielmehr um eine antike Wissenschaft. Ein tieferes Verständnis der hermetischen Prinzipien ergab, dass man mittels »sympathischer« (d.h. analoger) Entsprechungen die Planetenwirkungen abschwächen oder verstärken kann.

  Plato seinerseits wendete die Numerologie auf die bekannten Elemente -Erde, Luft, Feuer und Wasser – an und glaubte, dass wir die Mathematik nicht erfunden, sondern nur gefunden hätten. Die Zahlen hätten ein unabhängiges Dasein, welches die physischen Sinne übersteige und der Welt der ewigen For­men oder Ideen angehöre. Viele moderne Mathematiker denken genauso über die »Mandelbrot-Reihe« und die wundervollen fraktalen Formen, die sie hervorbringt. Einer dieser Mathematiker erklärte, dass aus genannter Fraktal-Struktur viel mehr herauskomme als ursprünglich in sie hineingelegt worden sei und dass man meinen könne, die Mathematiker seien da auf »Gottes Werk« gestoßen. (Davies, S.143)

  Die Beziehungen zwischen Zahlen und geometrischen Formen sind von den Pythagoräer und vielen platonischen Philosophen nach ihnen bis in alle Einzel­heiten elegant ausgearbeitet worden. Diese Art geometrischer Formen sind in letzter Zeit für mich zu einer Leidenschaft geworden, nachdem ich längere Zeit hindurch mit den acht Planetenquadraten gearbeitet hatte. Ich entdeckte, dass in den Planetenquadraten durch ihre Zahlensymbolik (in der Kabbala als Gematria bezeichnet) viele Entsprechungen zum Lebensbaum verborgen sind. Ich stieß auf die verblüffende Methode, »blitzende Farbtafeln« der Planetensiegel herzustellen aus magischen Quadraten oder Kameas (wird später erklärt), die in der Magie-Tra­dition seit der Renaissance üblich waren.

  Vielen Wissenschaftlern und Philosophen der Renaissance ist bezüglich der Tiefe ihrer Wirklichkeitswahrnehmung nicht der angemessene Rang eingeräumt worden. Keplers Analyse des Sonnensystems ist stark von seinen Ansichten über die mystische Bedeutung von Zahlen beeinflusst worden, und er beschreibt Gott oft in geometrischen Begriffen. William Blakes berühmte Radierung »Der Alte der Tage« (ein Titel des Gottesnamens Kether oder der Zahl Eins auf dem Lebens-Baum) zeigt Gott, der sich vom Himmel herabbeugt, um die Erde mit einem Zir­kel zu vermessen, wobei er wie ein Baumeister bei der Arbeit wirkt.

  Gott als Geometer ist noch immer an der Arbeit (oder beim Spiel), und seine Kunst erweist sich überall um uns herum, wenn wir immer mehr von der Sym­metrie frischer Schneeflocken an einem Wintertage entdecken oder uns über die Harmonie und Vollkommenheit einer neuen Blüte freuen. In der modernen Phy­sik herrscht noch immer die Grundannahme, dass die Mathematik an der Basis der rationalen Ordnung des Universums liegt.

   In der modernen Mathematik gibt es jedoch eine Zahl, die Omega genannt wird, eine zufällige Zahl, die man für nicht berechenbar hält – in der Sprache der Mystik: für unerkennbar außer durch Offenbarung. Einer der führenden Wissen­schaftler, Charles Bennett, hat diese Zahl mit der Zahlenmystik verglichen, wenn er sagt: »Omega ist in vieler Hinsicht eine kabbalistische Zahl. Man kann von ihr wissen, aber man kann sie nicht mit dem menschlichen Verstand erfassen. Um sie im Detail zu erkennen, müsste man ihre unberechenbare Zifferfolge auf Glauben hin annehmen wie die Worte eines heiligen Textes.« (Davies, S.134)

  Obwohl unsere Hoffnung, das große Geheimnis des Daseins mit unserem rationalen Verstand zu begreifen, sich nie erfüllen wird, bietet uns doch die Kab­bala den wirksamsten Weg – und ist gleichzeitig eine der größten Herausforde­rungen -, zur Gottheit und allen ihren Eigenschaften oder einzelnen Schwingun­gen (die wir als planetare Chakras oder Strahlen bezeichnen können) Beziehung aufzunehmen. Wir beginnen mit den archetypischen Urformen: den Zahlen und der Geometrie. Der praktischste Weg zu dieser Zahlenmystik liegt im Verstehen der magischen Quadrate und Talismane. Im zweiten seiner Drei Bücher der okkul­ten Philosophie (1979) schreibt Cornelius Agrippa von Nettersheim, dass die Mathe­matik und die Magie so eng miteinander verbunden sind, dass der Magier ohne eine tiefes Zahlenverständnis nichts erreichen könne. Die Neuplatoniker seiner Zeit ahnten, dass die Zahlen die direkten Gedanken eines herrschenden Schöp­fers seien und Geometrie das Mittel, durch das sich das wahre Wesen der Zahlen zuerst manifestiert habe. Das mag der Grund dafür gewesen sein, warum die Pla­netenquadrate selbst als Talismane angesehen wurden.

  Ein magisches Planetenquadrat ist eine Anordnung von Zahlen in der Form, dass die Summe einer jeden Reihe gleich ist mit der Summe einer jeden Spalte. Magische Planetenquadrate wurden Tausende von Jahren lang, auch in anderen Überlieferungen als der hermetischen, ihrer magischen und mathematischen Qua­htäten wegen hoch geschätzt, so etwa in China, Indien und dem Vorderen Orient. Der Planetengeist eines magischen Quadrates wird als ein führendes, inspirieren­des und informierendes Wesen angesehen, und viele Planetentalismane des Mit­telalters haben das Planetensiegel und -Quadrat eingraviert, das der mythischen Gestalt des jeweiligen Planeten entspricht, z.B. Merkur (die Acht) oder Mars (die Fünf). Das Quadrat des Mars enthält 25 Zellen (5×5), und die Summe jeder Reihe ergibt 65. Die »theosophische Erweiterung« dieses Quadrates ist die Addition aller Zahlen von 1 bis 25, was 325 ergibt. Dies ist die heilige Zahl des Mars.

  Laut John Michell, der in seinen vielen ausgezeichneten Werken die wahr­scheinlich umfangreichste Analyse alter heiliger Stätten geleistet hat, wurden »die magischen Quadrate als numerische Abbildungen der kosmischen Gesetze an­gesehen. Jede (antike) Bauform wurde gemäß eines der Muster angelegt, das die magischen Quadrate enthüllen« (1969, 5.110). In späteren Kapiteln werden wir uns einigen Beispielen hierfür kurz zuwenden. Ist seine These richtig, dann lassen sich die magischen Quadrate in der Tat sehr weit zurückdatieren. Auf diese wich­tige Entdeckung – dass die Geometrie sich auf die Zahlen in den Planeten Quadraten bezieht – hat schon der große Okkultist Eliphas Levi hingewiesen, der vor mehr als einem Jahrhundert sagte, dass die Zahlen in den Planetenquadraten bei der Errichtung der Weltwunder der Antike einen Einfluss gehabt haben könnten. Solche geometrischen Formen bilden die Grundlage für jede magische Arbeit mit Talismanen.

  Die Fortschritte in der modernen Physik machen diese alten Überzeugungen immer glaubwürdiger, manchmal auf verblüffende Weise. Eine Theorie geht davon aus, dass im Anbeginn des Universums vollkommene Symmetrie geherrscht habe:

  Die Materie sei aus der Energie auskristallisiert wie Eis aus gefrierendem Wasser. Der Bruch dieser absoluten Symmetrie habe das Universum als solches erschaf­fen. Diese Theorie wird als die Vakuum-Genesis-Theorie bezeichnet. Aus dem Nichts sei der Funke zur Weltentstehung gekommen. Vielleicht hat die Dunkel­heit schon die ersten geometrischen Formen enthalten, und die Materie wurde dazu gebracht, ihre endlose Komplexität aus diesen Urformen hervorzubringen, die jedoch selbst unbewegt und unverändert bleiben.

  Solche platonischen Ideen und Formen sind nicht nur philosophische Stecken­pferde der Vergangenheit. Auch viele heutige Wissenschaftler scharen sich voll Überzeugung in die Reihen des platonischen Lagers, weil dies die plausibelste Theorie ist, zu erklären, warum man die Natur rational verstehen kann. Einer die­ser Wissenschaftler, Roger Penrose, erklärt, warum derartige Ideen die Verständi­gung zwischen Mathematikern oder geistesverwandten Menschen so erleichtern. Es lohnt sich, dies ausführlicher zu zitieren, weil ein großer Teil unserer For­schungen auf dieser Voraussetzung beruht: Immer wenn der Geist eine mathematische Vorstellung wahrnimmt, stellt er Kontakt mit Platos Welt der mathematischen Ideen her. … Wenn man eine mathematische Wahrheit »erschaut«, bricht unser Bewusstsein in die Welt der ewigen Ideen hinein und nimmt direkten Kontakt mit diesen Ebenen auf.

  Die geistigen Bilder, die einzelne bei einem solchen platonischen Kontakt haben, mögen jeweils sehr unterschiedlich sein, aber eine Verständigung ist möglich, weil jeder direkt in Kontakt mit der gleichen ewig existierenden pla­tonischen Welt ist. (Davies, 5. 144)

  Diese Platonischen Ideen bilden nicht nur die Grundlage der Zahlenmystik in der Kabbala während ihrer langen geschichtlichen Entwicklung, sondern es erwarten uns auch neue Offenbarungen durch die Kunst der Arbeit mit Talismanen, beson­ders den geometrischen, und mit den mystischen Zahlenquadraten der Kabbala. Diese besonderen Offenbarungen mögen den alten Kabbalisten bekannt gewesen sein oder auch nicht; sie sind jedenfalls stets da gewesen und haben ihrer Ent­deckung geharrt. Einige der geometrischen Formen, die meine Kolleginnen und ich entdeckt haben, versetzten uns wahrlich in Erstaunen. Und im Computer Zeitalter ist für mögliche weitere Entdeckungen kein Ende abzusehen. Und doch haben wir nichts Neues erfinden. Es handelt sich nur um die Anwendung eines alten Systems, das meiner Ansicht nach die tiefste esoterische Offenbarungstradi­tion darstellt, die die Menschheit je gekannt hat: die mystische Kabbala.

Vielleicht gibt es im Himmel ein Muster, für diejenigen wahr­zunehmen, die danach verlangen, und wenn sie es gesehen haben, eines in sich selbst zu finden.

                                                                                                           Plato

                   Haben Talismane eine Kraft, die von ihrem Hersteller unabhängig ist? Manche glauben, dass dies für geweihte oder aufgeladene Talismane gilt. Und in alten Zeiten meinte man, jemand brauche nur einen Talisman oder ein Amulett zu tragen, das von jemand anderem hergestellt wurde, um Nutzen davon zu haben, auch wenn der Träger oder die Trägerin die darauf verwendeten Symbole und Zeichen gar nicht versteht. Andere, wie etwa Paracelsus, erklärten die magi­sche Kraft von Talismanen psychologisch; und viele moderne Deutungen behaup­ten, dass überhaupt nur der Geist der Gläubigen aufgeladen werde. Hauptzweck des Talismans sei es, an die Zeremonie seiner Herstellung zu erinnern. Wäre das jedoch der Fall, so behielte ein Talisman selbst nur sehr wenig Kraft. Den größten Nutzen davon hätte dann die Herstellerin und nicht die Trägerin.

  Ich überlasse es meinen Lesern, über diese quälenden Fragen zu grübeln. Nie­mand kann seine Theorien in der einen oder anderen Richtung beweisen, was überhaupt bei der alten Debatte über magische Phänomene gilt. Das Problem lässt sich letztlich auf den Punkt bringen, ob man an Geister außerhalb von uns glaubt, die durch den aufgeladenen Talisman wirken, oder ob man diese Kräfte für bloße Projektionen hält. Das vorliegende Buch umfasst beide Zugänge, und Sie werden feststellen, dass die Diskussion sich je nach dem Zusammenhang in verschiedene Richtungen bewegt.

  Sprechen wir über Invokationen, dann werden wir uns direkt mit der Golden­ Dawn-Tradition identifizieren und daran glauben, dass eine tatsächliche Kraft angerufen wird; und eine solche Kraft kann sehr persönlich sein und sogar eine physische Gestalt annehmen. Größtenteils werden wir aber den Interpretationen des großen Kabbalisten und Meisters der Gematria Dr. Paul Foster Case folgen, dessen Ausrichtung vorwiegend psychologisch ist. In jedem Falle sind die Talismane dieses Buches nicht dazu gedacht, sie zu tragen, sondern über sie zu medi­tieren.

  Die meisten modernen Magier stimmen darin überein, dass die talismanische Kraft, wie auch immer sie benutzt wird, hauptsächlich von dem Symbol getragen wird. Ein Symbol hat die seltsame Fähigkeit, wie ein Magnet zu wirken und die­jenigen Dinge zu uns heranzuziehen, die wir mittels eines gerichteten Willens entwerfen und die durch größtmögliche Gefühle oder Emotionen Kraft bekom­men. Die Grundidee der talismanischen Magie ist einfach, dass Bilder diejenigen Kräfte anziehen, die sie darstellen. Jedes fünfeckige Bild z. B., wie ein Pentagramm oder Pentagon, wird die Kraft anziehen, die auf dem Lebensbaum als Geburah bekannt ist (und mit Mars identifiziert wird). Studierende brauchen ein sehr gutes Verständnis dieser grundlegenden Zuordnungen zum Lebensbaum, wie man sie in einer Fülle heute zugänglicher Bücher finden kann. Hier werden nur die Umrisse in Form von Tafeln und Skizzen gegeben, die aber ernsthaften Schülern dennoch ermöglichen sollten, einige kreative und brauchbare Talismane zu entwerfen.

  Am obigen Beispiel (dass eine fünfeckige geometrische Figur der fünften Sephira auf dem Lebensbaum entspricht) fällt uns als erstes auf, dass bei der Herstellung von Talismanen die Zahl sehr wesentlich ist. Die Zahl beruht eigentlich auf den Sephiroth, welche auf dem Lebensbaum die zehn Emanationen der Gotteskraft darstellen. Es gibt auch noch viele andere Zuordnungen, doch ist die Zahl vor­rangig. Ganz gleich wie man sich die Wirkungsweise von Talismanen vorstellt, mit der Herstellung erfolgreicher Talismane sind immer drei zentrale Ideen ver­bunden: Entsprechungen, Absicht und Wille. Außerdem müssen die für die Schaffung eines Talismanes gewählten Symbole eine gewisse emotionale Energie tragen, die sie mit unserem Unbewussten verbindet., und wir wissen alle, dass uns manche Symbole mehr anregen als andere. Manche haben überhaupt keine Auf­ladung. Andere stoßen uns ab. Talismane wirken am besten, wenn wir Symbole verwenden, die unserem Unbewussten etwas emotional Aufgeladenes suggerieren. Gleiches gilt für Visualisationen, Affirmationen usw. Der große Lehrer der Kab­bala, Israel Regadie, pflegte die alte Maxime zu wiederholen: »Entflamme dich im Gebet.« Unser geistiges oder magisches Leben ist am effektivsten, wenn es von Herzen kommt, aus der Seele, sogar aus den Eingeweiden.

  Wir haben festgestellt, dass ein Symbol die wundervolle Fähigkeit besitzt, die Energie des Bildes anzuziehen, das es darstellt In der Deutung von Case sugge­riert das Bild unserem Unbewussten etwas, wodurch man eine Verbindung zwi­schen dem Bewusstsein und dem Unbewussten herstellt. Dieses grundlegende Jungsche Konzept wird heute auf vielfältige Weise eingesetzt, z.B. in der aktiven Imagination. Es ist auch das Prinzip, auf dem alle Magie beruht – ein ausgefeiltes System von Entsprechungen, von Korrespondenzen, das durch Symbole dar­gestellt wird.

Es kann verwirrend sein, mit einem Bild zu arbeiten und ein Gespräch mit dem Unbewussten zu führen, denn Symbole können für vieles stehen. Damit das Bewusstsein eine Beziehung zu dem fließenden und wirksamen Unbewussten bekommen kann, müssen wir von der bewussten Seite her so klar wie möglich sein in Bezug auf das, wofür wir den Talisman herstellen. Die erste Aufgabe besteht darin, einfach unsere Absicht zu formulieren. Es gibt viele Absichten bei der Herstellung von Talismanen; für unsere Zwecke fallen sie aber in zwei Hauptkategorien auseinander: sich mit einer bestimmten Kraft zu verbinden, von der man sich angezogen fühlt, oder eine bestimmte Art von Energie auszuglei­chen, die sich unausgewogen anfühlt. Mit anderen Worten: Moderne Talismane werden – besonders wenn sie als Mandala-artige Bilder zur Meditation verwendet werden – prinzipiell für psychologische Zwecke benutzt, obwohl sie in der kabba­listischen Tradition auch als »astrale Türen« dienen können (ein ausgefallener Begriff; der hier für die Arbeit mit Imagination steht) oder zur Manifestation von Wünschen. Manchmal verwischen sich die Grenzen zwischen diesen Kategorien auch. Mag sein, dass wir gerne in uns die Voraussetzungen schaffen würden für einen bestimmten Job, sagen wir bei einer Zeitung. Wir würden also an der Seite unserer Persönlichkeit arbeiten wollen, die dynamische Kommunikationsfähigkeiten ermöglicht, weil ein solcher Beruf sowohl verbale als auch schriftliche Kom­munikation erfordert. Wir können dies tun, indem wir einen Talisman mit vielen merkurialen Korrespondenzen entwerfen und auch schöpferische Arbeit mittels aktiver Imagination leisten, indem wir über ein vollständiges Mandala meditieren, das uns mit Merkur oder Hod verbindet, der achten Sphäre des Lebensbaumes.

  Symbole sind archetypisch, können aber auch sehr persönlich sein. Bestimmt gibt es eine Reihe von Symbolen, die für Sie eine Bedeutung haben, die sonst niemand versteht. Doch besitzen die archetypischen Symbole bei der Herstellung von Talismanen eine große Kraft, weil sie Tradition haben – es handelt sich um Symbole, die tausende Jahre lang im Äther, d.h. in der Akasha, aufgebaut worden sind und eine direkte Entsprechung zu bestimmten Ideen besitzen, so dass sie be­reits mit dieser Kraft sozusagen aufgeladen sind, wenn sie auftreten. Das bedeutet aber keineswegs, dass das archetypische Bild begrenzt ist, denn es spricht auf ein­deutig individuelle Weise zu uns.

  Das gilt sogar dann, wenn Symbole archetypische Gestalten repräsentieren, wie etwa den Erzengel Michael. Wahrscheinlich habe ich zu dieser Wesenheit eine andere Beziehung als Sie, und doch würden für Sie wie für mich die Entsprechun­gen zu diesem Bild mehr oder weniger die gleichen sein – Feuer, Macht und so weiter. Das Schöne an der Beziehung zu diesen göttlichen Kräften ist, dass sie aus­gesprochen persönlich sein können. In einer Beziehung kann Michael jemanden mit der Kraft des Mutes ausstatten; für jemand anderen kann Michael ein wohlwol­lender, aber mächtiger Beschützer sein.

  So beziehen wir uns auf diesen gewaltigen Energiespeicher, damit er uns in je besonderer Weise zur Hilfe komme. Wenn man viele Talismane aus dem Mittelalter, einer wahrhaft schlimmen Zeit, oder aus der Antike untersucht, dann kann man große Schwierigkeiten haben (wie es mir verschiedentlich erging), all die seltsamen Symbole zu entziffern, die Sigille (oder Engelzeichen) und Siegel und die Wörter in esoterischer Schrift zu ent­schlüsseln – so auch Hebräisch, das als eine esoterische oder heilige Sprache gilt -, nur um dann festzustellen, dass dieser Talisman anscheinend für sehr weltliche Zwecke hergestellt wurde. Liebe, Macht und Reichtümer scheinen die stärksten Motivationsfaktoren für viele der Amulette oder Talismane der Vergangenheit zu sein (obwohl Amulette meist zum Schutz verwendet wurden>. Und ich wage zu behaupten, dass die menschliche Natur sich nur langsam verändert. Vielleicht stimmt es, dass zunächst die Grundbedürfnisse der Menschen befriedigt sein müs­sen, bevor sie sich entschließen können, Gebete, Affirmationen und magische Arbeit nur für geistige Zwecke einzusetzen. Wenn aber die persönlichen Bedürf­nisse den Rahmen für unseren Einsatz kabbalistischer Talismane setzen, dann schränken wir uns in der Tat sehr ein.

  Es gibt wahrscheinlich keine spirituelle Überlieferung, die uns mehr Bilder bie­tet als die Kabbala, und sie kann denen unbegrenzt Hilfe gewähren, die auf dem Pfade der Erleuchtung, Erlösung, Gotteserkenntnis oder wahren Gnosis sind (suchen Sie sich das aus, was zu Ihnen passt, aber tun Sie es mit Hingabe). Den­jenigen, die die Kabbala tiefgehend studieren, hat sie durch ihr System der Ent­sprechungen und durch das sich ständig erweiternde Bewusstsein auf jeder Ebene der Annäherung etwas zu bieten. Dr. Case glaubte leidenschaftlich daran, dass die Magie der magischen Quadrate nicht dazu diene, sich mit den planetaren Kräften zu verbinden, um bestimmte Ziele zu erreichen – was heute die weltlichere Deu­tung der Magie in vielen Kreisen ist -, sondern als eine Quelle der Offenbarung an­zusehen ist. Dieses Verständnis erlangen nur diejenigen Adepten, die die magi­schen Quadrate nachhaltig studieren und damit arbeiten. Das Wort »Talisman« selbst könnte vom arabischen Tilsam abstammen, was »Mysterium« bedeutet und auf seinen wirklichen inneren Wert hinweist – uns die Geheimnisse Gottes und der Natur zu erschließen. Wenn Sie fasziniert werden von den Kräften, die den Talismanen im Laufe der Zeit zugesprochen worden sind, und sich zu einem tie­feren Studium der Kabbala entschließen, so werden Sie ein kleines Wunder er­leben, wenn Sie nur lange genug mit kabbalistischen Talismanen arbeiten.

  Das Ergebnis aller kabbalistischen Arbeit ist es, der Gotteskraft näher zukommen, die bekannt ist als Kether: die Essenz des Lebensbaumes. Es ist die wahre »Krone« aller magischen Arbeit. Das werden alle großen kabbalistischen Magierinnen und Magier bezeugen, denn darum geht es im Grunde in der wahren Magie der abendländischen Esoteriktradition, obwohl dieses Ziel vielfach sehr missverstanden worden ist.

  Ein Wort der Warnung sei an jene gerichtet, die mit den Talismanen einfach zu den oben genannten Zwecken experimentieren wollen: für Liebe (oder Sex>, Macht (speziell über andere) oder Geld (besonders ohne zu arbeiten). Es ist nichts Falsches daran, die eigenen Wünsche in die Wirklichkeit umsetzen zu wollen, solange Sie nie darauf hinzielen, andere Menschen zu manipulieren, und solange Ihre Wünsche in Übereinstimmung mit dem eigenen Lebensweg blei­ben. Neben den drei genannten großen Bedürfnissen, die so viele unserer menschlichen Bemühungen bestimmen auf der Suche nach dem Sinn unseres Lebens, gibt es noch ein notwendiges viertes Standbein des Tisches, auf dem das Mahl des Lebens stattfindet: geistige und emotionale Integration. Deshalb ver­folgen die meisten Magierinnen des Golden Dawn neben ihrer magischen Arbeit irgendeine Form der Therapie. Israel Regardie riet einmal dazu, dass Neophyten mindestens hundert Stunden therapeutischer Arbeit an sich selbst leisten sollten.

  Eine der Gefahren beim Einsatz von Magie, und vielleicht besonders der Talis­mane, liegt darin, dass durch die Umsetzung von eher weltlichen Wünschen seeli­sche Kraft von einer anderen Stelle des Systems abgezogen wird, na~mh.ch vom geistigen Weg. Das ist einer der negativen Aspekte der New-Age-Bewegung, die eine sehr materialistische Seite hat. Für Kabbalisten ist es lebenswichtig, diesen Punkt nicht außer acht zu lassen. Wenn Sie bei der Arbeit mit Talismanen zu Entwicklung emotionaler Ganzheit und geistiger Hingabe mindestens ebenso viel Zeit investieren wie für andere Ziele, dann bekommen Sie keine derartigen Pro­bleme. Wir müssen uns vor Augen halten, dass wir in einer weltweiten Gemein­schaft leben, die in einem Ökosystem mit begrenzten Ressourcen zu überleben versucht – und das könnte sich für die Arbeit mit Affirmationen für Überfluss als ein unbequemes Thema erweisen.

  Einerseits ist die Verwendung von Talismanen zur Verwirklichung von Zielen in der Welt nicht falsch, weil mit jedem Male der Wille gestärkt und entwickelt wird, was für einen Magier sehr wesentlich ist. Jedoch wird die Entwicklung des eigenen Willens auf Kosten eines anderen in jedem Fall auf uns zurückschlagen, wie alle spirituellen Lehrer und Überlieferungen gelehrt haben. Es gibt einen Unterschied dazwischen, einen Talisman anzufertigen, um Freundschaft anzuzie­hen, oder einen herzustellen, um Ihren Traumpartner zu einer Verabredung zu verführen. Eliphas Levi (auch als Abbe‘ Louis Constant bekannt), ein Meister der Rosenkreuzer- und kabbalistischen Magie des vorigen Jahrhunderts, sagte:

  Es ist hier wohl zu beachten, dass jede Wirkung eine Gegenwirkung hervorbringt und dass wir in der Magnetisierung oder magischen Beeinflussung ande­rer einen entgegengesetzten, aber entsprechenden Einflussstrom von jenen zu uns herstellen, der uns ihnen unterwerfen kann anstatt umgekehrt, wie es oft genug bei den Prozessen vorkommt, die als Gegenstand die Sympathie der Liebe haben, vorkommt. Es ist wichtig, sich zu überlegen, was man tut. Die Grundfrage bei jeder anste­henden magischen Arbeit dieser Art ist: Bezieht diese Operation einen anderen Menschen mit ein? Falls ja, sollten Sie diese Person auf Ihre Absichten aufmerk­sam machen und auf jeden Fall ihr Einverständnis einholen – selbst bei Heilun­gen. Das ist ein kosmisches Gesetz.

  Zunächst muss man die eigenen Absichten bei der Herstellung eines Talis­mans klären. Wie in jeder anderen spirituellen Überlieferung auch, sollte in der kabbalistischen Tradition diese Absicht ein wichtiges Element einschließen: Wie kann ich mit diesem Wunsch in irgendeiner Weise auch gleichzeitig dienen? Wenn Sie diese Frage sorgfältig einbauen, wird Sie das gegen Bedürfnisse absichern, die das Ego jetzt als vorrangig empfindet, die ihm aber auf lange Sicht nicht wohltun. Das ist so, weil die Absicht, immer auch dienen zu wollen, Sie automatisch mit Ihrem Höheren Selbst in Berührung bringt, das Sie vor Fehlern behüten kann.

  Wenn Ihr wahres Ziel Gott ist (und sein Himmelreich) oder einfach das höchste Gut, dann erhalten alle anderen Dinge von dorther ihren Platz. Ein Ziel solcher Art verträgt sich keinesfalls mit dem Gebrauch von Talisman-Magie für manipula­tive oder unethische Zwecke. Ihre erste Affirmation sollte sein, dass Ihre magische Arbeit nicht nur Ihrem eigenen Wohl diene, sondern dem größeren Wohle des ganzen Universums.

  Kehren wir kurz zum Problem der Symbole zurück. Vielen von uns, die die esoterischen Wissenschaften studiert haben, wird aufgefallen sein, dass in jeder Art visionärer Phänomene – sei es Divination, Visionen, Channeling, Träume usw. – eine Fülle von Bildern auftreten kann, die vielfache Bedeutung haben und die wiederum vielfach missverstanden, fehlgedeutet oder vom Bewusstsein umkon­struiert werden. Solche Probleme können leichter behoben werden, wenn Sie zum besseren Verständnis die Hilfe des Höheren Selbst anrufen oder des heili­gen Schutzengels (eine Beziehung, der wir uns im zweiten Kapitel ausführlich widmen werden). Ist diese Beziehung einmal hergestellt, so dient sie sowohl als Filter wie auch als Mittel der Transformation.

  Symbole haben viele Bedeutungsebenen. Ein visionäres oder Traumsymbol kann zehn verschiedene Arten der Interpretation zulassen. Eine klassische Visions­erfahrung (wie etwa bei Ezechiel oder in den Offenbarungen) kann in einer derart dichten Symbolsprache geschehen, dass noch viele Generationen nötig sind zu ihrer Analyse und Deutung. Symbole können tückisch sein. Eine vereinfachte oder eindimensionale Deutung ist eine Falle, denn sie führt oftmals zu falschen Vorhersagen. Es kann auch zu einem reduktionistischen Verständnis darüber kommen, wie ein archetypisches Symbol sich in unserem Leben bewegt. Je mehr wir die Beziehung zwischen Bewusstsein und Unbewusstem entwickeln und stär­ken, um so eher werden wir in der Lage sein, die Bedeutungsebene zu erkennen, die sich uns verständlich machen will. Der großartige Beitrag der archetypischen Methoden wie der aktiven Imagina­tion und der Pfadarbeit besteht darin, dass wir beginnen, die Kluft zwischen Bewusstsein und unbewusstem Geist zu überwinden. Wir entdecken die gemeinsame Sprache, mit der sich die beiden Hälften der Persönlichkeit verständigen können. Das braucht Übung. Aber mit jeder praktischen Sitzung, mit jedem Mal, dass Sie bewusst mit einem Symbol umgehen, vertieft sich der Prozess, und die Verständi­gung wird fließender. Es ist dabei hilfreich, dem Unbewussten ab und zu zu gratu­lieren, um ein weiteres Wachstum zu fördern. Und es ist sehr nützlich, Symbolik zu erforschen, besonders wenn sie als Synchronizität im Alltag auftritt. Das gilt besonders, wenn man sie in irgendeiner Form der Arbeit mit Entsprechungen verwendet, wie beim Herstellen von Talismanen.

  So wie es potentielle Probleme mit dem bewussten Verstehen der Symbolsprache des Unbewussten gibt, kann auch das umgekehrte Problem entstehen. Wir sprachen zuvor über die Notwendigkeit einer klaren Absicht. Inzwischen sollte deutlich sein, warum das so wichtig ist. Ist das Bewusstsein in seinen Ab­sichten vage, oder verwendet es viele verschiedene Symbole – besonders auf synkretistische Art, d.h. aus verschiedensten Überlieferungen – oder falls es leicht­sinnig ein Symbol verwendet, das es nicht richtig verstanden hat, dann kann das Unbewusste dieses auf ganz andere Art deuten und Ergebnisse zeitigen, die gar nicht zu dem passen, was der Hersteller des Talismanes in Bewegung zu setzen hoffte. Das gilt besonders, wenn das Unbewusste in Muster eingeschlossen ist, die hartnäckigen oder besessenen Gedanken des Bewusstseins entsprungen sind. Solche Muster sind deshalb gefährlich, weil das Symbol dann zu einem Eingangs­tor für eine archetypische Besessenheit werden kann.

  Wenn ein Symbol für zehn verschiedene Dinge stehen kann, dann müssen wir verstehen, was es in einer gegebenen Situation genau bedeuten soll, und Grenzen gegenüber den anderen Elementen ziehen, die es auch anziehen könnte. Wir ver­feinern einen Talisman also, indem wir ihm weitere Ebenen symbolischer Bedeu­tung hinzufügen, um unsere Absicht und den Zweck zu klären. Das Symbol eines Dreiecks z.B. kann für Feuer stehen oder für eine Dreiheit. Wenn wir nun den Namen Michael auf Hebräisch hinzufügen, dann verdeutlichen wir unsere Ab­sicht, die feurige Kraft des Michael anzurufen. Oder wenn wir das Planetensigill des Mars hinzufügen, dann werden wir eine andere Art der feurigen Energie anziehen. Fügen wir jedoch andere Bilder oder Gottesnamen hinzu, die es als eine Dreiheit identifizieren, als die Repräsentation von Binah auf dem Lebensbaum, dann verändert sich die psychische Struktur des Dreiecks, weil wir es gemäß unse­ren besonderen Absichten bewusst entwerfen.

  Es kann nicht genug betont werden, wie wichtig es ist, eine gemeinsame Spra­che mit dem Unbewussten zu entwickeln, die funktioniert und auf klaren Ent­sprechungen aufbaut. Sonst könnte das Unbewusste an seinen eigenen früheren Assoziationen zu einem Symbol kleben bleiben (die wir bewusst vielleicht schon vergessen haben), und versuchen, diese Entsprechungen aufzuladen und für uns wirksam zu machen. Das Bewusstsein sollte stets seine derzeitige Deutung eines Symbols für das Unbewusste klarmachen. Deshalb ist jeder Talisman einzigartig und sehr persönlich.

  Und darum ist es schwer, ein Siegel oder einen Talisman zu entziffern, der von jemandem in ferner Vergangenheit gemacht worden ist. Es ist deshalb meines Erachtens auch sinnlos, Talismane aus anderen magischen Büchern zu kopieren. Der Magier wird nur durch ein vollständiges Verständnis der Bedeutung dieser Symbole auf dem Talisman zu Ergebnissen kommen. Die meisten Bücher mit Siegeln und Sigillen sind für uns wertlos, weil wir nicht wissen, was ihre Schöpfer bei der Herstellung im Sinn hatten. Abgesehen davon können alte Siegel vor ihrer Veröffentlichung viele Male kopiert worden sein, was zu zahlreichen Feh­lern führt. Andere wiederum können verschlüsselte Informationen enthalten (wie etwa eine Anordnung bestimmter Buchstaben), die eine Abkürzung oder Formel darstellen, die nur der Magier kennt, der sie gemacht hat. Der Versuch, eine solche Formel zu rekonstruieren, wird nicht sehr weit führen, selbst wenn man über brauchbare hebräische oder lateinische Sprachkenntnisse verfügt. Wenn nämlich die Formel ursprünglich zur Veröffentlichung bestimmt war, dann können die Siegel und Sigille ohnehin Tarnungen sein. Wir werden im dritten Kapitel das Problem der Fehler und der Tarnungen in magischen Quadraten und Sigillen untersuchen.

  In der kabbalistischen Tradition gibt es einen gewissen Sinn für Korrektheit:

       Man formuliert nicht einfach einen Wunsch und fügt die Dinge zusammen. Es sollte inzwischen deutlich geworden sein, dass man ein Set von Entsprechungen braucht, das über bestimmte eingebaute Regeln verfügt, weil es ein traditionelles Rückgrat hat. So würde man etwa das Zeichen oder Siegel des Planeten Mars nicht zusammen mit einem Engel oder einer Intelligenz der Mondsphäre auf einen Heilungstalisman setzen. Heilung gehört in die Sphäre der Sonne (und in manchen Fällen Merkurs), und in keinem Falle würde man die Intelligenz des Mondes ein­setzen. Dies ist ein Beispiel für die Verbindung dreier verschiedener Kräfte, die wenig oder nichts miteinander zu tun haben. Wir verwenden auch nicht einen Engelnamen auf einem Talisman, weil wir seinen Klang so schön finden, nicht einmal wegen irgendwelcher Assoziationen aus unserer Kindheit. Im Rahmen der Kabbala sind die talismanischen Bilder, Symbole und Namen keineswegs willkür­lich. Wenn Sie die kabbalistischen Entsprechungen nicht gut kennen, dann studie­ren Sie die hier angegebenen Tabellen, und wählen Sie sorgfältig.

  Die Tattwa-Bilder sind hinsichtlich dieser Kategorien weniger streng; sie sind erst spät in die Golden-Dawn-Tradition aufgenommen worden und wurden von verschiedenen Menschen als Symbole für die Planeten, Tarotkarten und Ele­mente und auch als Elementen Kombinationen mit unterschiedlichen Bedeutungen verwendet. Entsprechungen zum Lebensbaum – die eine viel längere Geschichte haben – neigen eher dazu, von den meisten Kabbalisten auf gleiche Weise gedeu­tet zu werden. Manche Siegel oder Sigille können deshalb (falls es sich nicht um Tarnungen oder Fehler handelt) noch nach Jahrhunderten von denen interpretiert werden, die wissen, welche Sphäre oder planetare Kraft sie repräsentieren sollen. Das heißt noch nicht, dass wir die Absicht im Geiste ihres Herstellers verstehen können. Doch sind viele Symbole (z. B. die Zeichen der Planeten, die Sigille und hebräischen Buchstaben der Gottesnamen und Engel usw.) innerhalb der kabbali­stischen Überlieferung gleich geblieben.

  Die Kombinationen der Tattwas andererseits sind fast endlos. Gemäß ihrer Verwendung im Golden Dawn bestehen sie aus 25 Varianten der fünf Grundelemente (Erde, Luft, Feuer, Wasser und Äther), die durch ein Quadrat, einen Kreis, ein Dreieck, eine Mondsichel und eine Eiform dargestellt werden. Sie sind mit einigem Erfolg den Tarotkarten zugeordnet worden. Und ich habe eine Reihe Schülerinnen und Schüler, die sie regelmäßig verwenden. Es gibt dabei aber eine Reihe von Unstimmigkeiten und verschiedenen Deutungen. Die Tattwa­ Bilder und ihre mögliche Verwendung finden Sie nicht nur in den Büchern von Mathers (1971), sondern auch in dem dreibändigen Werk Das Magische System des Golden Dawn von Regardie (1987/88). Case ordnet die Tattwas den Tierkreiszeichen zu und den inneren Planeten Chakren, die sich wiederum besonders auf Farbzuordnungen beziehen.

  Diese letzteren waren Case besonders wichtig, der meinte, dass die Tattwa­ Bilder durch Meditation ihrer Farben und entsprechenden Klänge als Mandalas zur Heilung des emotionalen, physischen und ätherischen Körpers dienen kön­nen. In seinem Buch The Tarot gab Case diese Klänge und Farben in etwas ver­hüllter Weise an, und sie sind auch in anderen Büchern veröffentlicht worden, wie etwa den Archetypes on the Tree of Ltfr von Madonna Compton. Manche Quellen, wie Emahmns The Book ofcorrespondences benutzen andere Zuordnun­gen. (Zu den genannten Büchern siehe das Literaturverzeichnis.) Ihre Interpreta­tionen sind nicht so festgelegt wie die Talismane, die direkt vom Lebensbaum abstammen.

  Ein einzelnes Tattwa Bild, z.B. ein Quadrat (das der Erde zugeordnet ist), könnte vielen verschiedenen Talismanen hinzugefügt werden und würde sich mit verschiedenen planetaren Kräften zu einer Vielfalt von Zwecken verbinden lassen. Zusammen mit einem Talisman der Venus, oder Netzach, könnte es sich auf die Notwendigkeit beziehen, eine bestimmte Beziehung zu erden; zusammen mit einem Merkur-Talisman, oder Hod, könnte es bestimmte Bestrebungen konkreti­sieren, z.B. einen Job als Lehrer zu finden. Das wird deutlicher, wenn wir uns mit den Entsprechungen der Tattwas und Talismane eingehender beschäftigen.

  Für Meditationsbilder, die direkt zum Kontakt mit der Intelligenz eines Pfa­des führen sollen (oder der eines Tarot Archetyps), rate ich zu den hebräischen Buchstaben selbst, die in der Tradition des Lebensbaumes verwurzelt sind und spe­zifische Absichten darstellen. Diese sollten auf blitzenden Farbtafeln angebracht werden, d.h. in komplementären Farben. Ist der Untergrund rot, so ist das Bild grün, usw. Zur näheren Information über die Beziehung der hebräischen Buch­staben zu den Intelligenzen siehe Cases ausgezeichnetes Buch The Book offokens oder andere Bücher, die die Buchstaben mit den Pfaden auf dem Lebensbaum verbinden. Tattwa-Bilder werden oft eingesetzt, um auf den Pfaden zu arbeiten, aber man muss verstehen, dass ihr Einfluss eher willkürlich ist. Wegen ihrer leuch­tenden Farben eignen sie sich ausgezeichnet für Meditationsmandlaas und sind auch nützlich, wenn man sie einem Talisman hinzufügt. Sie werden auch verwen­det, um durch Farb- und Klangheilung Energie auszugleichen (wie im 14. Kapitel erklärt werden wird); auch schaffen sie einen guten Zugang zum Kontakt mit den Elementarkräften.

  Jahrelang habe ich eine Kombination der Tattwa Basissymbole aus dem Golden Dawn und seinen Ableger Traditionen als blitzende Tafeln benutzt, um in tattwa­artigen Talismanen die Kräfte der

  Farbheilung und der Planeten zu evozieren, und so eine Vielzahl von Methoden miteinander verbunden. Ich hoffe, dass Sie selbst entdecken werden, wie viele erstaunliche Ergebnisse sich erzielen lassen, indem man auf solide kabbalistische Überlieferungen aufbaut und neuere Experi­mente mit Tattwas und Talismanen als Meditationsmandlaas einbezieht.

Denn er befiehlt seinen Engeln, dich zu behüten auf all deinen Wegen.          

                                                                                                                                          Psalm 91, ii

Bevor Sie sich ernsthaft zu dem Abenteuer aufmachen, einen Talis­man herzustellen, ist es gut, einen Führer zu haben. Für unsere Zwecke werden wir diesen Führer als das Höhere Selbst oder den heiligen Schutzengel bezeich­nen, um ihn von den sogenannten »Geistführern« zu unterscheiden. Ich emp­fehle Ihnen sehr, innezuhalten und sich zu fragen, ob Sie eine Beziehung zu Ihrem heiligen Schutzengel haben, die kabbalistisch begründet ist. Mit anderen Worten:     Falls Sie schon ein klares Empfinden des Namens, der Farben, Klänge und anderer Entsprechungen haben, die zu dieser Wesenheit gehören, ist es gut. Falls nicht, können Sie lernen, dies durch einen sehr einfachen Prozess zu erreichen.

Bitten Sie zunächst darum, dass Ihnen der Name offenbart wird. Sie können ihn in einem Traum bekommen, oder Sie haben diesbezüglich eine Inspiration, oder er fällt ungefragt in Ihr Leben, vielleicht durch irgendein synchronistisches Ereig­nis. Sie können einen biblischen Namen wählen (das ist nicht das gleiche wie eine biblische Gestalt) oder einen mythologischen Namen. Auf jeden Fall wählen Sie einen magischen Namen, einen Namen für Ihr wahres Höheres Selbst, welches den gesamten Prozess steuert.

  Wenn Sie sich für einen Namen entschieden haben, dann sollten Sie die Endung AL anhängen, das ist der Gottesname, der Chesed zugeordnet wird, der Gnädigen. Dadurch wird die Wesenheit engelhaft, es verleiht ihr Flügel (Aleph) und Schuppen (Lamed). Vielleicht möchten Sie mit dem Namen erst etwas spie­len, bevor er sich richtig anhört. Dann finden Sie heraus, wie er in Hebräisch geschrieben wird (siehe die Übersicht in Abb. 2-A), und wenn Sie mit der Schreib- und Sprechweise zufrieden sind (Sie sollten Assoziationen aus der Ge­matria überprüfen, wenn Ihnen das wichtig ist), dann behalten Sie diese für Ihre gesamte magische Arbeit bei. Eine meiner Schülerinnen wählte ursprünglich den Namen Sarah, änderte ihn dann aber für magische Arbeiten in Sariel. Dann soll­ten Sie anfangen, den Namen in Ihren Gebeten häufig zu verwenden. Beginnen Sie eine echte Beziehung mit dieser Wesenheit, die den erhabensten Aspekt Ihrer eigenen Bestrebungen und Inspirationen darstellt, einen leuchtenden Strahl der Liebe des Herrn, der auf Sie und durch Sie scheint, schützend, führend, und ein Interesse an Ihnen hat. Franz Bardon, ein berühmter Magier unseres Jahrhun­derts, sagte, dass der Schutzgeist seinen Protege‘ schließlich auch über die Gesetze der physischen Welt informieren wird, so wie er ihn oder sie durch die astrale Welt führt:

Der Führer unterrichtet seinen Schützling … Daraus geht klar hervor, dass sich auf der grobstofflichen Ebene der Mensch durch seine magische Entwicklung vervollkommnen muss, um für die höhere Welt vorbereitet zu sein.

Es gibt für den Schutzgeist oder heiligen Schutzengel einige Richtlinien, die wir uns im nächsten Abschnitt ansehen werden.

  Wenn Sie mit dieser wunderbaren Wesenheit (die wir ab jetzt nur mit den Initialen HSE – heiliger Schutzengel – bezeichnen) eine Beziehung aufzubauen beginnen, wird diese kleine Zeichen für Sie manifestieren, um Sie seiner Gegen­wart zu versichern. Dennoch sollten Sie ihn nicht um Zeichen und Wunder bit­ten müssen. Am besten ist es, wenn er in seiner eigenen Weise zu Ihnen spricht. Andererseits können Sie Ihrem HSE alles sagen, was Sie möchten – er ist Ihr bester Freund. Setzen Sie nur von Anfang an fest, dass er auf Ihr höchstes Gut und das Wohl aller ausgerichtet ist. Dann wird er als ein rechter Filter wirken und Sie bald verstehen lassen, sich mehr auf den Prozess zu verlassen, ihn selbst – und nur ihn – ihre wahre Richtschnur sein zu lassen. Das mag sich wie eine Art Unterwerfung anhören, aber es stärkt dennoch den Willen, wie Sie sehen wer­den, wenn Sie mehr an der Entwicklung dieser Beziehung arbeiten. Das kann Zeit brauchen. Falls Sie nicht schon einen heiligen Schutzengel in Ihrem Leben haben, mag es etwas abergläubisch wirken; aber ist es denn etwas anderes, als eine Beziehung zu Ihrem Unbewussten aufzunehmen? Sie versuchen, eine archetypi­sche Beziehung einzurichten und eine gemeinsame Sprache zu erlernen.

  Das ist ein Teil der abendländischen esoterischen Überlieferung: Erhalte einen HSE von Gott, vertraue ihm, und beginne mit ihm zu arbeiten. Ein alter magi­scher Text, als  Die Heilige Magie des Abramelin  bekannt (siehe Mathers, 1994) weist den Neophyten an, sechs Monate lang allein zu leben und sich auf nichts anderes zu konzentrieren als auf den HSE. Einige Kabbalisten haben tatsächlich versucht, das zu tun. Andere haben den Meditationsprozess in einem kürzeren Zeitabschnitt durchzuführen versucht, wie etwa in einer einsamen Klausurperiode. Sich auf den eigenen HSE zu konzentrieren sammelt und stärkt ganz sicher den eigenen Willen und die Absicht für magische Arbeiten. Falls es nicht möglich ist, sich eine Zeitlang frei zu nehmen, um die Beziehung mit Ihrem HSE zu vertiefen, dann tun Sie es durch einfache, aber hingebungs­volle Übung. Widmen Sie eine bestimmte Zeit dem Gebet, dem Nachdenken, der Meditation – und seien es nur 5 – 10 Minuten am Tag -, irgendeiner spirituel­len Praxis, die Sie so reinigt, dass Sie ein reines Gefäß für Ihren HSE sein kön­nen. Wir alle wollen schließlich unser Gefäß reinigen. Ausgezeichnet geeignet dafür ist die Übung der Mittleren Säule, wie sie in so vielen Veröffentlichungen des Golden Dawn beschrieben wird. Und wenn man sie einmal auswendig kann, kann sie innerhalb von zehn Minuten in voller Länge visualisiert werden. (Dabei handelt es sich nicht um das volle Ritual der Mittleren Säule, welches auch Körper Bewegungen, Gesänge usw. umfasst, sondern um eine komprimierte Form, die der Kabbalist in der Vorstellung durchführen kann. Näheres siehe im Literaturver­zeichnis bei Regardies hervorragenden Büchern.)

            Es gibt einige allgemeine kabbalistische Leitlinien, wie sie von vielen Lehrern der abendländischen Überlieferung umrissen worden sind. Wir führen hier die Prin­zipien auf, wie sie Edward Steinbrecher in seinem Inner Guide Meditation aus-geführt hat, und einige Hinweise von Dr. Paul Case, die ihnen sehr ähneln. Beide raten ab, Visualisationsarbeit mit der Aussendung des Astralkörpers zu verbinden, d.h., wir sollten nicht versuchen, unseren Körper zu verlassen. Selbst wenn wir die Tattwas und Talismane als astrale Tore benutzen, meinen wir damit einen bewussten Ausflug in den Bereich der Imagination. Auch sollten wir nicht versuchen, irgendeine Art von Tagtraum zu erzeugen, sofern wir damit nicht einen kontrol­lierten Tagtraum meinen. Phantasieren und Tagträumen gelten in der westlichen okkulten Überlieferung als die großen Diebe der Lebenskraft. Aktive Pfadarbeit jedoch öffnet der Energie das Tor, sich auf der physischen Ebene zu manifestie­ren, wie es zu einem erfüllten Leben im Einklang mit den Absichten des Magiers passt. Steinbrecher erläutert:

    Die Meditation der Inneren Führung ist ein Weg, auf den inneren Ebenen zu arbeiten, welcher sich direkt aus der abendländischen Mysterien Tradition ent­wickelt hat. Es ist eine handlungsorientierte Methode. Sie bewegen sich, be­nutzen Ihr Ego und Ihre Sinne, Sie stellen Fragen … und verhandeln, insistie­ren, forschen, entdecken, Sie lachen und Sie weinen. Es ist die Methode des Kindes in uns allen.

Mit anderen Worten, es bedarf Ihrer vollen Teilnahme und Bewusstheit. Viele Trancezustände bringen genau die gegenteilige Wirkung hervor, und deshalb sind diese Richtlinien auch ziemlich spezifisch. Sie bestehen darauf, dass Ihr Bewusstsein und Ihr Wille durchgehend anwesend sind, denn beide sind für die Entwicklung eines Magiers äußerst wichtig. Betrachten wir nun einige dieser Richtlinien.

1.           Ihr HSE wird kein Toter sein, d.h. weder ein verstorbener Verwandter noch eine historische Gestalt. Es ist ein Engel. Erstere neigen dazu, Besessenheit hervorzurufen, wenn auch noch so subtil. Engel machen nicht besessen, sie informieren. Erwarten Sie also nicht Jeanne d’Arc, Samt Germain oder Ihre verstorbene Tante. Geistführer sind keine Schutzengel.

2.           Ihr HSE wird Ihnen keine Informationen aufdrängen und sich auch nicht in Ihr Privatleben einmischen. Er sollte sich nur manifestieren, wenn er gerufen wird, d.h. am vorgeschlagenen Treffpunkt, den Sie bei Ihrer Pfadarbeit festlegen. Sie müssen um Informationen bitten (Ihre Absichten klären) und eine Antwort zulassen. Manchmal müssen Sie sogar mehrmals Ihre Erlaubnis geben und nach Informationen drängen, besonders anfangs.

3.           Heilige Schutzengel, die wirkliche Führer sind, werden Ihnen nicht sagen, was Sie zu tun haben (z.B.: »Mein geistiger Führer hat mir gesagt, ich soll Ihren Hund vergiften«). Achten Sie darauf, denn daran zeigt sich leicht ein falscher Führer. Ihr HSE wird nie etwas erzwingen oder sich in Ihren freien Willen einmischen. Er wirkt als Intuition, Ahnung oder Gewissen. Manchmal (oft) sprechen HSE in Symbolsprache und überlassen Ihnen die Deutung. Und nur selten machen sie (allgemeine oder persönliche) Vorhersagen.

4.           Der HSE wird nicht beurteilen oder schmeicheln (z. B. Sie darin bestärken, dass Ihnen jemand Unrecht tut, oder Ihr Ego aufplustern oder niedermachen). Er wird einen Rat geben, wenn er gefragt wird.

5.           Ein geistiger Führer; der ein wahrer HSE ist, wird nie eine Schwingung der Furcht mitbringen, nur Liebe. Er ist keine Schattengestalt, sondern er ist da, um Sie zu beschützen.

6.           Ihr HSE wird mit »Ja« antworten, wenn er gefragt wird: »Bist du mein wahrer Schutzengel?« Ein falscher Führer wird die Frage vermeiden oder verschwin­den. Prüfen Sie dies.

7.           Steinbrecher sagt, Ihr Schutzgeist kann durchaus Eigenschaften oder Merkmale der Konstellation Ihres neunten Hauses aufweisen (Überbewusstsein). Ich habe das nicht immer feststellen können, aber Sie können es ja überprüfen.

  Dr. Case bezeichnet den HSE als die innere Stimme und identifiziert sie mit dem Hierophanten oder inneren Lehrer im Tarot. Der Weg, sich auf diese Energie einzustimmen, ist das stille Zuhören. Es ist tatsächlich eine gute Möglichkeit fest­zustellen, ob jemand wirklich eine Beziehung zu seinem HSE hat, indem man sein äußeres Verhalten beobachtet und schaut, ob er wirklich zuhört. Ist er oder sie in der Lage, wirklich aufmerksam zuzuhören, was andere Menschen zu sagen haben? Passt die Information, die er oder sie vom inneren Lehrer empfangen zu haben behauptet, zur Ethik und zum gesunden Menschenverstand? Zeigt diese Person Selbstdisziplin, oder nervt er oder sie alle anderen mit Berichten seiner oder ihrer unglaublichen Visionen? Das sind ein paar Kriterien, sich und andere zu prüfen.

        Wenn Sie diese wunderbare Beziehung mit Ihrem engsten und vertrauenswür­digsten Freund aufbauen, werden Sie Hinweise auf seine Natur zu entdecken beginnen. Scheint Ihr Schutzengel männlich oder weiblich zu sein? Leuchtet er oder sie in bestimmten Farben? Sie können festlegen, welche Farben tatsächlich mit den Buchstaben des hebräischen Namens assoziiert werden (der idealerweise fünf bis sieben Buchstaben umfassen sollte). Beginnen Sie mit dem ersten Buchstaben. Suchen Sie ihn in der Farbtafel (siehe Abb. 2-B). Wahrscheinlich müssen Sie die hebräischen Buchstaben dieser Übersicht mit denen aus Abbil­dung 2-A vergleichen, um die richtigen Entsprechungen zwischen den Buchsta­ben zu finden. Stellen Sie sich den HSE vor, wie die erste Farbe aus seinem oder ihrem Kopf ausstrahlt. Ist es eine dunkle Farbe, wie Violett, dann stellen Sie sie sich etwas heller vor und eher fein als dicht. Jede Farbe kann auch von Gold durchzogen sein. Nehmen Sie dann die nächsten Farbbuchstaben für den Hals, die Arme, den Rumpf und die Kleidung, in der Reihenfolge, in der die Buchstaben im Namen auftreten. Die beiden letzten Buchstaben (falls der Name auf EL oder AL endet) sind die gelben Flügel (A) und die grünen Schuhe und Schuppen (L).

  Bauen Sie dieses Bild mit künstlerischen Mitteln, mit Meditation, Übungen und Gesprächen weiter auf Sie können den HSE als vorwiegend dem einen oder dem anderen Geschlecht zugehörig erleben, und das kann sich im Laufe der Zeit verändern. Sexualität ist jedoch eine Eigenschaft, die die Menschen den Engeln zuschreiben, um leichter eine Beziehung zu unseren Visualisationen zu finden. Erlernen Sie als nächstes das Sigill ihres HSE, und verwenden Sie es auf allen Ihren Talismanen. Das Sigill ist Ihr besonderes Schutzsiegel.

  Dies geschieht in der traditionellen Weise, wie im Golden Dawn viele heilige und auf Engel bezogene Sigille und Zeichen geschaffen werden, nämlich indem

man die Verbindungslinien der Buchstaben des Namens, z.B. Gabriel (GB RIAL), der Reihe nach auf der Rosenglyphe des Golden Dawn (siehe Abb. 2-C) auf einem dünnen Papier nachzeichnet. Dazu verwenden Sie am besten ein Lineal. Man markiert den Beginn des Sigills mit einem kleinen Kreis und schließt mit einem kleinen Strich. In unserer Loge schließen wir gewöhnlich mit einem Pfeil, so daß der Namenszug Gabriel wie Abbildung 2-D aussieht.

Was haben Sie soeben getan? Sie haben eine Glyphe oder ein sichtbares Bild eines Engelnamens oder seiner Schwingung angefertigt. Das ist eine abendlän­dische Metliode, bei der das Bild oder die sichtbare Darstellung ein weiteres Mit­tel darstellt, mit einer Wesenheit zu kommunizieren, deren Name oder Wort wir verbal oder mental anrufen – entsprechend dem Yantra- bzw. Mantra Konzept in Asien.

  Wir können es nach den soeben erwähnten Buchstaben-Assoziationen mit Far­ben versehen, d.h. den ersten Teil blau gestalten (G, Gimel), dann gelb (B, Beth), orange (R, Resh), gelbgrün (1,Jod), gelb oder Gold (A, Aleph) und smaragdgrün (L, Lamed). Wiederum sollte man verstehen, dass Sie es mit der Entscheidung für diesen Namen nicht mit dem Erzengel Gabriel zu tun haben, sondern nur mit dem gleichen Namen. (Nicht jeder, der Hans heißt, ist auch die gleiche Per­son.)

Man kann dann fortfahren, die Klänge zu suchen, die zu den verschiedenen Buch­staben des Namens gehören (siehe Abb. 2-E), und sich damit ein kleines persön­liches Mantra des magischen Namens komponieren. Es sollte in die eigenen magi­schen Arbeiten eingebaut werden, zusammen mit anderen Gebeten, Affirmationen, Gottesnamen usw., oder es wird einfach verwendet, wenn man den HSE ruft. Man kann sich auch aus den Entsprechungen zu den Buchstaben einen eigenen Weihrauch herstellen (auch in Abb. 2-E). Dieser stellt ein sehr kraftvolles Mittel dar, den Neophyten mit den entsprechenden Schwingungen des HSE in Verbin­dung zu bringen, weil diese durch das Einatmen buchstäblich in jede Zelle des Körpers eindringen. Zu diesen Themen gibt es viele Varianten, die kreative Schüler einsetzen können. Hauptsache ist, dabei eine Beziehung herzustellen. Steinbrecher weist darauf hin, dass unter allen archetypischen Begegnungen die Verbindung zum eigenen HSE die erste und wichtigste archetypische Beziehung sein sollte. Diese Idee entspricht auch vielen Aspekten der Arbeit C. G. Jungs. Der HSE ist der wertvollste Führer in jeder Art der aktiven Imagination, Pfadarbeit oder Visua­lisierung. W Jung selbst hatte einen »archetypischen Freund« namens Philemon.

                     Buchstabe           Räucherung                                                                 Ton

                      A-Aleph            Diamant, Akazie, Galbanum, Lavendel, Gummi arabicum,

                                               Salbei                                                                           E

                      B-Beth              Bockshornklee, Weißer Andorn, Mastix, Styrax             E

                      G-Gimel            Kampfer, Aloe, Jasmin, Poleiminze                              As

                      D-Daleth           Myrte, Sandel, Rose                                                     Fis

                      E, H-Heh           Stinkender Storchschnabel, Geranie, Tigerlilie             c

                      V, W-Vav          Borretsch, Malve, Immergrün, Styrax                            Cis

                      Z-Zain               Orchidee, Wermuts                                                      D

                      Ch-Cheth          Anis, Kampfer, Lotus, Balsam (engl.: Onycha)              Dis

                      T-Teth               Katzenminze, Weihrauch, Zimt                                    R

                      1, J-Jod             Lilie, Narzisse                                                              F

                      K, C-Kaph         Zeder, Ysop, Safran                                                      Ais

                      L-Lamed           Bernstein, Hyazinthe, Galbanum                                  Fis

                      M-Mem             Farn, Lotus, Veilchen, Myrrhe                                      As

                      N-Nun               Benzoinum Oderieferum, Kiefer, Opoponax                G

                      5-Samech          Aloe, Dill, Heliotrop, Iris                                             As

                      0-Ajin               Zibet, Hanf, Moschus, Distel                                        A

                      P F-Peh             Pfeffer; Stinkender Storchschnabel, Augentrost, Raute C

                      Tz, Ts-Tzaddi    Gewürznelke, Galbanum, Olive                                    B

                      Q-Qoph             Ambra, Hibiskus, Wermuth, Mohn                               R

                      R-Resh              Zimt, Heliotrop, Lorbeer, Sonnenblume                        D

                      Sh-Shin             Kopalharz, Weihrauch                                                 c

                      T, Th-Tau          Zypresse, Liebstöckel, Nachtschatten, Styrax                A

(Anmerkung: Die kabbalistisch wichtigsten Räucherungen sind fett gedruckt.)

Hebräische Buchstaben und entsprechende Räucherungen und Klänge

  Wenn Sie mit dem Tarot arbeiten, beginnen Sie damit, über die 14. Karte zu meditieren (welche einen Engel darstellt), um Inspiration zu erlangen. Eine aus­gezeichnete Abhandlung über den HSE findet sich in dem Buch Die großen Arkana des Tarot von Valentin Tomberg (der das Buch anonym geschrieben hat), in seinen Überlegungen zur Mäßigung (14. Karte). Es ist ein wahrhaft inspirieren­des Kapitel, in dem er aus hermetischer Sicht die Funktionen eines HSE erklärt:   zu wachen, zu sorgen, zu schützen, zu besuchen und zu verteidigen.

  Es gibt heute noch viele andere hervorragende Bücher über Engel, welche die Be­ziehung der Aspiranten zu ihrem HSE vertiefen können. In unserem Zeitalter wird die Menschheit auf eine Weise von Engelwesen besucht, wie es vielleicht in der geschriebenen Geschichte noch niemals der Fall gewesen ist.

  Die Methoden zum Aufbau des telesmatischen Bildes einer Engelgestalt können erfolgreich für jeden Engel oder Erzengel verwendet werden. Obwohl es auch andere Farbskalen gibt – in der Überlieferung des Golden Dawn sind es vier, die den vier Welten entsprechen -verwenden wir diejenige, die als die Königsskala bekannt ist und die Case für die Arkana des Tarot, die Tierkreiszeichen und die entsprechenden hebräischen Buchstaben empfiehlt  (d.h. für die Pfade des Lebensbaumes). Die Farbskalen der Sephiroth und der Planeten stammen aus der sogenannten Königinnenskala. Am wichtigsten daran ist aber die Schlüs­sigkeit und die Kenntnis der korrekten Komplementärfarbskalen, um die blitzenden Farbtafeln herzustellen.

Rot – Grün

Blau – Orange

Gelb – Violett

Rotorange – Blaugrün

Gelborange – Blauviolett (Indigo)

Gelbgrün – Rotviolett

Komplementärfarben

(Anmerkung: Es gibt viele Schattierungen, mit denen Übende arbeiten können. Zum Beispiel ist die Komplementfairtafel des Golden Dawn etwas komplizier­ter als diese hier. Aber ich habe festgestellt, da~ sich die besten Ergebnisse aus persönlichen Versuchen ergeben.>

  Historiker vom Beginn unserer Zeitrechnung berichten darüber, dass man glaubte, die Steine auf dem Brustschild des Hohenpriesters seien durch ihre jeweiligen Engelherrscher derartig stark magnetisiert, dass diese auf Fragen antworten konn­ten und ihre Anweisungen in einer blitzenden Farbsprache gaben. Wie sich das genau abgespielt hat, bleibt ein Geheimnis, aber die blitzenden Farbtafeln sind immer ein wichtiger Teil der magischen Überlieferung des Abendlandes ge­wesen. Im vorliegenden Buch bilden sie einen wesentlichen Teil der talismani­schen Kunst; und Studierende sollten mit den hier aufgezeigten Möglichkeiten experimentieren.

  Um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie machtvoll und gleichzeitig einfach diese Methode ist, schlage ich Ihnen vor, Ihre erste blitzende Farbtafel anzufer­tigen, indem Sie den einfachen Entwurf aus Abbildung 2-G verwenden, ein Drei­eck mit einem weiteren Dreieck darin, innerhalb eines Kreises, in den Farben Grün, Rot, Grün (roter Hintergrund). Dieses Symbol erweckt die vibrierende Kraft des Feuers. Die Farben für diese Skizze sollten so hell wie möglich gewählt werden. Sie können dafür Wasserfarben, Filzstifte oder farbiges Papier benutzen. Fertig sollte das ganze Diagramm den Durchmesser eines A4-Blattes haben und etwas mehr als einen Meter entfernt in Augenhöhe zum Meditieren aufgestellt werden. Die Technik besteht darin, mit ununterbrochenem Blickkontakt volle drei

bis fünf Minuten darauf zu starren. Sie werden bemerken, dass Ihre Augen müde werden, aber versuchen Sie weiter auf einen Punkt der Figur konzentriert zu blei­ben, statt die Augen hin und her zu bewegen.

  Schließen Sie dann Ihre Augen, und schauen Sie, ob ein Nachbild entsteht (in der Komplementärfarbe). Gewöhnlich tritt ein solches auf~ auch schon beim ersten Versuch. Falls nicht, versuchen Sie es noch einmal. Vielleicht müssen Sie das Bild etwas näher heranstellen.     Wahrscheinlich werden Sie auch hinter der Figur, über die Sie meditieren, eine sehr hell scheinende Farbe sehen, die eventuell auch einen blinzenden oder springenden Effekt hat. Es geht darum, trotz dieser schönen optischen Illusionen weiter konzentriert zu bleiben. (Sie sehen dabei die wirklichen astralen Farben, die viel leuchtender sind.)

  Wenn Sie Ihre Augen schließen, versuchen Sie die Bilder so lange wie mög­lich festzuhalten, und, falls Sie das können, sich die Bilder so nahe zu bringen, dass Sie tatsächlich wie von ihnen umgeben zu sein scheinen oder dass Sie durch die

  Bilder hindurch zu gehen scheinen. Dann werden Sie in der magischen oder imaginativen Landschaft jener Kraft stehen, die durch die telesmatische Figur her­vorgerufen worden ist. Dann können Sie einfach nur beobachten. Versuchen Sie aber, nicht zu passiv zu werden.) Oder Sie wollen ein Gespräch mit den Gestalten führen, die dort auftreten können.

  Jeder Entwurf eines Talismans kann für diesen Zweck benutzt werden (in un­serer Loge kam z. B. die Idee auf, die Planetensiegel zu verwenden), obwohl die Wirkung der blitzenden Tafeln am stärksten ist, wenn man ein oder zwei Paar Komplementärfarben dabei einsetzt. Sie können mit einfachen Entwürfen wie diesem hier beginnen, sofern Sie sich über die evozierte Kraft im klaren sind. (Siehe Kapitel 3 bezüglich der Beschreibung der Grundtypen der Tattwa-Bilder und anderer Entsprechungen.) Diese Entwürfe können später in einen größeren und umfassenderen Talisman übernommen werden, der sich als ein viel kom­plizierteres Muster ergeben kann. Dabei ist es gut, nicht zu vergessen, dass wir Mandala-artige Talismane hauptsächlich zur Meditation herstellen: Je geometri­scher und symmetrischer solch ein Talisman ist, um so besser.

  Meiner Ansicht nach ist dies ein viel kraftvolleres Verfahren, als den Talisman einfach nur herzustellen und ihn dann in irgendeinen Anhänger zu pressen, den man tragen kann (und ihn dabei oft zu verderben). In diesem Falle wird der Talis­man bald vergessen werden, und man müsste das Bild wieder herausholen, um es zu sehen. Meditationstalismane rufen immer weitere Suggestionen im Unbewussten hervor, die bei jeder Meditationssitzung aufgerufen werden. Ich empfehle Ihnen, den Talisman vor profanen Blicken zu verbergen. Er wurde für Sie ge­schaffen, und er ist nur für Ihre Augen gedacht. Es ist eine gute Idee, ihn hinter einem dünnen Seidenvorhang aufzuhängen und ihn herauszunehmen, wenn man ihn braucht.

  Wie alle Talismane sollten Sie ihn entlassen, wenn er seinen Zweck erfüllt hat. Das bedeutet nicht unbedingt, ihn zu zerstören, wie das oft für Talismane und Amulette empfohlen wird. Er braucht nur entladen zu werden (eine einfache Affirmation oder ein von Ihnen geschaffenes Ritual genügt dafür) und danach weggelegt. Sie können ihn zusammen mit der Beschreibung seines Zwecks und anderen magischen Notizen in Ihrem Tagebuch aufbewahren. So werden Sie daran erinnert, wofür der Talisman in der Vergangenheit gedient hat. Er sollte jedoch aus Ihrem Kopf verschwinden, sobald er benutzt worden ist und nicht mehr gebraucht wird.

Vor dem Versuch, einen Talisman herzustellen, sollte man die Entsprechungstabellen studiert haben und sich Skizzen von den Symbolen und Namen angefer­tigt haben, die man verwenden möchte. Auch können Sie die himmlischen Einflüsse, die Sie kontaktieren wollen, günstig stimmen, indem Sie bei der Arbeit alle Sinnesorgane einsetzen. Agrippa sagt im ersten seiner Drei Rächer der okkulten Philosophie (1979):

weil es eine einzige schöpferische Kraft ist, die alles durchdringt. Und wie diese schöpferische Kraft aus verborgenen Ursachen Offenbares hervorbringt, so bedient sich der Magier des Offenbaren, um das Verborgene anzuziehen, nämlich durch die Strahlen der Sterne, durch Räucherungen, Lichter; Töne und natürliche Dinge, die den himmlischen Energien entsprechen, da ihnen außer körperlichen Eigenschaften auch gewisse unkörperliche und göttliche Verhältnisse, Zahlen und Maße innewohnen (1.

Buch, 38. Kap., S.178).

  Zusätzlich zu einer klaren Vorstellung von den assoziierten Symbolen, die in dem Talisman zu verwenden sind, der z. B. Venusenergie anrufen soll, könnte man auch einen Venusweihrauch vorbereiten, eine grüne Kerze anzünden oder unter grü­nem Licht arbeiten. Um das Heilige zu evozieren, sollten so viele Entsprechun­gen wie möglich bemüht werden.

  Vor Beginn der magischen Arbeit ist es gut, sich die astrologische Zeit Qualität Bewusstzumachen. Falls Sie mit Planetenquadraten und Symbolen vom Lebensbaum arbeiten, können Sie verschiedene Wege einschlagen. So können Sie z.B. versuchen, den Talisman von Anfang bis Ende an dem Wochentag des betreffen­den Planeten oder der betreffenden Sphäre herzustellen, d.h. am Sonntag für die Sonne, am Montag für den Mond, usw. Diese Einteilung lässt sich weiter in die Planetenstunden differenzieren und die sie bestimmenden Engelkräfte (siehe näch­stes Kapitel). Allgemein wird die erste Stunde nach dem Augenblick berechnet, m dem die Sonne an dem betreffenden Tag aufgeht, und deshalb variiert die Länge der entsprechenden Stunden je nach der Tageslänge. Für viele moderne Magierinnen und Magier; die ebenso volle Terminpläne haben wie alle anderen, können sich solche feinen zeitlichen Spekulationen als zu umständlich erweisen. Man kann dann andere planetare Einflüsse untersuchen, um die günstigste Zeit Qualität zu finden.

  Soll der Talisman seinem Charakter nach merkurial werden, so kann man fragen: Ist dieser Planet zur Zeit der Fertigung des Talismans astrologisch begün­stigt? Man sollte es z. B. mit der Zeit versuchen, in der Sonne oder Mond in den Zwillingen oder in der Jungfrau stehen. Um grundlegende positive Entsprechun­gen für die beste Herstellungszeit eines bestimmten Talismans zu finden, braucht man kein professioneller Astrologe zu sein. Der Mond sollte außerdem zuneh­mend sein (es sei denn, man möchte etwas vermindern). Wenn alles andere nicht passt, so ist es fast immer erlaubt, einen beliebigen Talisman am Mittwoch herzustellen, weil das Fertigen von Siegeln und Pentakeln zu den Dingen gehört, über die Merkur gebietet.

        Der kabbalistischen Überlieferung nach sollte der Neophyt einige Vorbereitungen treffen, wie z.B. das Kabbalistische Kreuz und Bannungsritual vorgibt, worüber vielfach in der Golden-Dawn-Literatur gesprochen wird (siehe Literaturverzeich­nis); oder man kann einfach innehalten und ein Gebet zur Segnung der Arbeit sprechen. Es folgen zwei alte Segnungen aus Of Occult Philosophy, Book 4 (S.62 – 63), die Agrippa zugeschrieben werden, aber wahrscheinlich von einem seiner Schüler geschrieben wurden.

1.         Wiederhole nach dem Ziehen des Schutzkreises den Bibelspruch: »Du wirst mich mit Ysop läutern, 0 Herr, und ich werde rein sein. Du wirst mich waschen, und ich werde weißer sein als Schnee«.

2.         Zünde dann den Weihrauch der zu infozierenden Planetensphäre an und sprich: »Der Gott Abrahams, Gott Isaaks, Gott Jakobs segne hier die Kreatu­ren dieser Art, damit sie die Kraft und die Tugend ihres Duftes erfüllen, so dass kein Feind und keine falsche Vorstellung in sie eindringen kann, durch unseren Herrn Jesus Christus.«

  Zahlreiche andere Gebete und Affirmationen können je nach persönlicher Nei­gung der Schüler verwendet werden, doch sollte man diese Vorlieben vorher prüfen bezüglich der genannten psychologischen oder magischen Vorbehalte. Reinigung und Absicht sind – wie so häufig betont – an diesem Punkt der Arbeit wesentlich. Der mittelalterliche Mystiker Arnold von Villanova meinte, dass Talis­mane zwar ein Segen für diejenigen seien, die auf dem geistigen Weg weiter­kommen wollen, dass sie aber nur denen nützen, die sich in Geist und Herz ge­reinigt haben. Eine Zeit für betendes Nachdenken einzurichten ist ein sehr wich­tiger Teil des Beginns. Am Ende seiner wunderbaren Abhandlung The Tree of Lift gibt Israel Regardie noch eine Reihe anderer traditioneller kabbalistischer Gebete an.

  Dies ist auch der Moment, Ihre Absicht zu formulieren – laut und so deutlich gesprochen wie möglich. Hat der oder die Studierende diese drei Prinzipien fest

in der Hand: rechte Hingabe, rechte Zeit Qualität und richtige Symbolik, dann kann er oder sie voll Selbstvertrauen fortschreiten. Sie werden auch feststellen, dass durch die wiederholte Verwendung der gleichen Gebete, Affirmationen oder Rituale oft weniger Mühe nötig ist, dieselben Ergebnisse zu erzielen. Der ganze Prozess wird dann von der persönlichen Kraft des Magiers getragen. Das bedarf der Übung. Franz Bardon hat geschätzt, dass es ungefähr 462 Wiederholungen braucht, bis der Einfluss eines wahren Magiers machtvoll zu spüren ist. Ich wage aber zu sagen, dass Sie, was unsere Zwecke betrifft, von den Ergebnissen über­rascht sein werden, wenn Sie mit Klarheit und Hingabe arbeiten.

  Beim Schaffen eines Talismans kann durch den Einsatz verschiedener Sym­bole, Zahlen und Buchstaben aus den Tafeln dieses Buches große Vielfalt und Kreativität umgesetzt werden, doch gibt es bestimmte Gottesnamen, die sich auf jedem Talisman finden sollten. Der Magier weiß, dass es sich dabei um die symbo­lische Benennung der göttlichen Qualitäten und Kräfte handelt:

    1. Die Worte »Im Namen von … « gefolgt von den Namen Gottes, d.h. mit Bezug auf die invozierte Sephira (siehe Abb. 3-A). Diese können in Deutsch geschrieben oder in Hebräisch abgekürzt sein (MShB…). Das Sigill des Gött­lichen Namens von der Rose kann auch ausreichen. Wird die erste Methode verwendet, so können die Worte um den Rand geschrieben werden, so dass das Innere für den Rest des Entwurfs frei bleibt.

    2. Der Name des Erzengels, der mit dieser Sephira assoziiert wird. Auch hier kann wiederum der Name oder das Sigill verwendet werden.

    3. Der Name oder das Sigill Ihres HSE.